Trendumkehr geht weiter: Die Bedeutung der EU nimmt in den Augen der Österreicher:innen noch weiter zu - Vorteile überwiegen den Nachteilen - aber Aufholbedarf in zentralen politischen Feldern
In der österreichischen Bevölkerung nimmt die Bedeutung der Europäischen Union weiterhin zu. Mittlerweile sind drei Fünftel der Bevölkerung davon überzeugt, dass die Mitgliedschaft Österreichs in der EU zumindest ziemlich wichtig ist. Dies ist die höchste Bedeutung seit 1996 und scheint die Trendumkehr von 2016 noch einmal zu verstärken.
Knapp jeder Zweite ist sich auch sicher, dass der Beitritt zur Europäischen Union mehr Vor- als Nachteile brachte. Seit 2014 hat sich dieser Anteil mehr als verdoppelt. Genau genommen sind es nun 48 Prozent, die den Beitritt Österreichs zur EU als Vorteil sehen. Gegenteiliger Meinung sind nur noch 24 Prozent.
Europa – der alte Kontinent – unterscheidet sich vom Rest der Welt in den Augen der Österreicher:innen vor allem durch Wohlstand, Kultur und Geschichte sowie Diversität. Die Ergebnisse sind im Vergleich zu 2019 relativ konstant.
Der Aufholbedarf Europas wird vor allem in der politischen Führung und im Bereich der erneuerbaren Energien verortet. In diesen beiden abgefragten Themenschwerpunkten wird seit 2019 häufiger ein Aufholbedarf gesehen.
Europa schlittert seit Jahren von einer Krise in die nächste und hat mit dem Krieg auf dem eigenen Kontinent nun noch einen Rückschlag erlitten. Dazu kommen seit 2008 viele Krisen in wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Hinsicht, aktuell vor allem im Bereich der Teuerung und Inflation. Vielleicht hat gerade deswegen im Bewusstsein der Österreicher:innen die Bedeutung der Mitgliedschaft in der EU zugenommen. Die zentrale Veränderung im Meinungsklima konnte 2016 erstmals gemessen werden, nun verstärkt sich diese Entwicklung ein weiteres Mal.
Genau genommen sind aktuell 31 Prozent der Österreicher:innen der Meinung, dass die Mitgliedschaft Österreichs in der EU sehr wichtig ist. Für weitere 29 Prozent ist diese ziemlich wichtig. Nur 13 Prozent lehnen die Bedeutung ab (gar nicht wichtig).
Nach soziodemografischen Kriterien zeigt sich nur ein Bildungsgefälle, nach Alter und Geschlecht sind kaum Unterschiede sichtbar. Personen mit höherer Bildung schätzen die Bedeutung überdurchschnittlich hoch ein.
Der Trend seit 1996 ist sicherlich sehr interessant: Während die Österreicher:innen in den Messungen bis einschließlich 2014 der Mitgliedschaft mehrheitlich eine geringe Bedeutung beigemessen haben, hat sich dies deutlich geändert. Im Verhältnis 60 zu 31 überwiegt nun die hohe Bedeutung der Mitgliedschaft. In der langen Zeitreihe ist dies der deutlichste Unterschied der beiden Antwortpole.
Die Vorteile der EU überwiegen ebenfalls deutlich im aktuellen Meinungsklima. Knapp jede zweite Österreicher:in meint, dass der Beitritt Österreichs unserem Land eher Vorteile gebracht hat. Vom Gegenteil sind nur noch 24 Prozent überzeugt. Insgesamt gibt es in dieser Frage aber auch eine hohe Anzahl an Unentschiedenen, die sich nicht deklarieren können oder wollen.
Personen mit höherer Bildung sind überdurchschnittlich stark von den Vorteilen überzeugt.
Auch hier ist eine Trendumkehr messbar: Während in den Jahren seit dem Beitritt die Nachteile im Bewusstsein der Bevölkerung deutlich überwogen, liegt nun der Vorteil im Verhältnis 48 zu 24 voran.
Wichtiger Trend zum Abschluss dieses Reports: 51 Prozent der Österreicher:innen fühlen sich ziemlich stark als Europäer:innen, nur jeder Neunte verneint dies. Trotz der bereits geschilderten Trendentwicklungen und dem damit verbundenen positiveren Abschneiden der EU in der Bevölkerung, geht dieses Zugehörigkeitsgefühl etwas zurück. Genau genommen geht die hohe Identifikation als Europäer:in um elf Prozentpunkte zurück.
Dokumentation
Zeitraum der Umfrage: 30. November 2022 – 3. Jänner 2023
Sample: n=1.039 Personen, statistisch repräsentativ für die österreichische Bevölkerung ab 16 Jahren, Quotaauswahl, face-to-face, Mehr-Themen-Umfrage, IMAS International Eigenstudie
Archiv-Nummer der Umfrage: 022121
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