Politische Standorte und Positionen: Zwischen links und rechts - in der Krise geht es nach links
Die Österreicher positionieren sich selbst im politischen Spektrum leicht links der Mitte (46,3 auf einer Skala von 0 bis 100, wobei links 0 und rechts 100 bedeutet), interessanterweise vermutet man aber die Bevölkerung insgesamt weiter rechts. Etwa ein Drittel denkt, die Österreicher stehen etwas rechts der Mitte.
Die GRÜNEN und die FPÖ bilden, wie in den vergangenen Messungen, die beiden äußersten Positionen in der Parteienlandschaft. Seit den 70er-Jahren wurde die ÖVP immer stärker der Mitte zugeordnet, wobei dieser Trend sich nun wieder leicht veränderte. Die ÖVP steht nun bei 55,4. Die SPÖ geht im aktuellen Befund von der deutlichsten Linksposition in der Zeitreihe wieder zurück in Richtung Mitte und liegt bei 40,die NEOS gelten eigentlich als links, aber werden nun auch in den Augen der Österreicher stärker in der Mitte verortet.
Die Abweichung der Standorte der jeweiligen Parteien vom eigenen Standort ist unterschiedlich. Die Wähler der SPÖ und der ÖVP verorten sich selbst und die Parteien nahezu ident. Die FPÖ-Wähler wären eher links von ihrer Parteieingestellt, die GRÜNEN-Wähler eher weiter rechts.
Vor rund vier Jahren (IMAS Report Nr. 21 | 2017) ging das IMAS Institut der Frage der Gültigkeit und Aktualität des vermeintlich in die Jahre gekommenen "Links-Rechts-Schemas" der Politik nach. Um Aufschluss darüber zu erhalten, wurde zuletzt ein repräsentativer Querschnitt erstellt, indem die österreichische Bevölkerung gebeten wurde, Themen und Parteien auf einer Skala zwischen 0 (ganz links) und 100 (ganz rechts) einzuordnen. Das damalige Ergebnis zeigte eindeutig, dass das Denkmuster in Links-Mitte-Rechts weiterhin fest im Bewusstsein verankert war und die Bevölkerung die abgefragten Themen relativ gleichförmig einer Position auf dieser Skala einordnete.
Nach nun einem Jahr Pandemie ging der Forschungsstab wiederum dieser Kernfrage nach und versuchte, die eigene politische Position der Befragten, die Einordnung der Parteien und die Vermutung nach dem politischen Standort der Bevölkerung zu erheben. Eindeutiges Kernergebnis: Inder Krise rutscht die Bevölkerung wieder leichtnach links.
Aktuell schätzt sich die Bevölkerung auf einen Skalenwert von 46,3 ein. Dies bedeutet die stärkste "linke" Einordnung seit der ersten Trendbefragung in den 90ern. Insgesamt ist im Trend die Bevölkerung im Durchschnitt immer leicht rechts von der Mitte. Nur in Jahren einer Krise, wie beispielsweise auch 2009, ordnete sich die Bevölkerung selbst eher links der Mitte ein.
Die Mehrzahl der Bevölkerung wird insgesamt deutlich weiter rechts der Mitte eingeschätzt. Etwa ein Drittel denkt, die Österreicher stehen mehrheitlich etwas rechts der Mitte, ein Viertel meint genau in der Mitte.
Die zweite Forschungsdimension beschäftigte sich mit den Parteien: Die GRÜNEN (27,6) und die FPÖ (72,9) bilden, wie in den vergangenen Messungen, die beiden äußersten Positionen in der Parteienlandschaft. Beide Parteien haben sich hierbei seit der ersten Messung vor mehr als drei Jahrzehnten aus der Mitte an die beiden äußersten Pole in der Skala entwickelt, wobei die GRÜNEN nun wiederstärker in die Mitte tendieren. Die FPÖ bleibt stabil zur letzten Messung.
Seit den 70er-Jahren wird die ÖVP im Gegensatzdazu immer stärker der Mitte zugeordnet, wobei in dieser Messung die ÖVP etwas nach rechts rutscht und bei 55,4 vermutet wird.
Die SPÖ nahm in der Zeitreihe diesmal eine deutlich moderatere Linksposition ein und liegt nun im aktuellen Befund bei 39,4. Die NEOS gelten knapplinks der Mitte (42,1).
Die Abweichung der Standorte der jeweiligen Parteien vom eigenen Standort ist unterschiedlich. Die Wähler der SPÖ und der ÖVP verorten sich selbst und die Parteien nahezu ident. Die FPÖ-Wählerwären eher links von ihrer Partei eingestellt, die GRÜNEN-Wähler eher weiter rechts.
Genau genommen liegt die Abweichung bei der ÖVP bei einem Skalenwert von 2,0, die SPÖ weist keinen Unterschied auf. Bei der FPÖ liegt der Unterschied bei 10,5 und den GRÜNEN bei einem Skalenwert von 6,2.
Dokumentation
Zeitraum der Umfrage: 12. März – 9. April 2021
Sample: n=1.008 Personen, statistisch repräsentativ für die österreichische Bevölkerung ab 16 Jahren, Quotaauswahl, face-to-face
Archiv-Nummer der Umfrage: 021031
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