Nr 14 | 09.08.2024

Das Leben läuft zu schnell! Große Diskrepanz zwischen gefühlter und gewünschter Geschwindigkeit

Das Leben läuft zu schnell! Große Diskrepanz zwischen gefühlter und gewünschter Geschwindigkeit

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Keine Höchstgeschwindigkeit, aber schon schnell unterwegs: Die Bevölkerung schätzt das gefühlte Tempo relativ gleichförmig über alle soziodemografischen Gruppen hinweg auf einer siebenteiligen Skala (1=Zeit steht fast still, 7=Zeit ändert sich rasend schnell) bei fünf (5,0) ein, wobei Frauen und ältere Menschen von einer noch höheren Geschwindigkeit ausgehen. Die Wunschgeschwindigkeit hingegen liegt bei rund 3,5.

Gründe für die Geschwindigkeitszunahme: Altersphänomen, allgemeine Schnelllebigkeit und digitaler Wandel

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Gründe für die gefühlt hohe Geschwindigkeit sind das Altersphänomen, also dass der Lauf der Zeit mit dem Alter schneller empfunden wird, die allgemeine Schnelllebigkeit und der digitale Wandel. Handy, Smartphone und Co. beschleunigen ebenfalls das Leben, sind also Teilchenbeschleuniger der modernen Welt.

Mit zunehmendem Alter vergeht die Zeit schneller  

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Die Generation 60+ empfindet die tatsächliche Geschwindigkeit noch etwas höher als die jüngere Zielgruppe. Die ältere Generation schätzt die gefühlte Geschwindigkeit bei 5,5 ein, die Jüngeren bei 4,6. Somit zeigt sich das psychologische Phänomen, dass sich die Zeitwahrnehmung mit dem Alter verändert und als schneller empfunden wird. Auch bei der gewünschten Geschwindigkeit zeigt sich ein Phänomen: Die ältere Generation hätte es gerne noch etwas langsamer als die Jüngeren.

Eine relativ neue Erscheinung der Grundcharakteristik der österreichischen Bevölkerung ist sicherlich die stärkere Echtzeitorientierung. Der digitale Wandel und die neuen Kommunikationsformen fokussieren stark auf die Livesituation im Leben und größere Teile der Bevölkerung weisen somit einen hohen Gegenwartsbezug auf. Man kann mittlerweile von nahezu überall aus arbeiten, sich informieren oder auch shoppen. Die Gegenwart ist allgegenwärtig. Manche Philosoph:innen und Soziolog:innen sprechen bereits von einer linearen Beschleunigung des Lebens in den letzten Jahren.

Der Frage, inwieweit sich diese Aspekte im realen Leben und hierbei auf die gefühlte Lebensgeschwindigkeit auswirken, ging der IMAS Forschungsstab demoskopisch nach.

Zunächst wurden rund 1.000 Österreicher:innen repräsentativ in sogenannten face-to-face Interviews (persönliche Interviews) nach der Geschwindigkeit im Leben befragt: Die Bevölkerung schätzt das gefühlte Tempo relativ gleichförmig über alle soziodemografischen Gruppen hinweg auf einer siebenteiligen Skala (1=Zeit steht fast still, 7=Zeit ändert sich rasend schnell) bei fünf (5,0) ein. Somit zeigt sich zwar noch nicht die Hochgeschwindigkeitsgesellschaft, aber in den Augen der Bewohner der Alpenrepublik scheint das Eilzugstempo erreicht zu sein. Dieses Ergebnis ist stabil zu den Vergleichsmessungen aus 2015, 2018, 2019 und 2021 bzw. leicht überdurchschnittlich.

Auf die Frage nach der gewünschten Geschwindigkeit geben die Österreicher:innen im Durchschnitt 3,5 an. Somit herrscht eine Diskrepanz zwischen gefühlter und gewünschter Geschwindigkeit. Der Eindruck der Bevölkerung ist, dass sich im Leben alles schneller bewegt, als es eigentlich sollte. Genau genommen ist die Differenz zwischen gefühlter und gewünschter Geschwindigkeit bei den Personen bis 34 Jahren am kleinsten, aber auch in dieser Gruppe ist der bereits beschriebene Befund eindeutig: Die Sehnsucht nach Entschleunigung.

Gründe für die gefühlt hohe Geschwindigkeit sind das Altersphänomen, also dass der Lauf der Zeit mit dem Alter schneller empfunden wird, die allgemeine Schnelllebigkeit und der digitale Wandel. Handy, Smartphone und Co. beschleunigen ebenfalls das Leben, sind also Teilchenbeschleuniger der modernen Welt. Interessantes Detail am Rande: Die Arbeitswelt wird auf Basis der Bevölkerung kaum als Beschleunigungsfaktor direkt genannt.


Dokumentation

Zeitraum der Umfrage: 3. – 23. Juli 2024

Sample: n=1.015 Personen, statistisch repräsentativ für die österreichische Bevölkerung ab 16 Jahren, Quotaauswahl, face-to-face, Mehr-Themen-Umfrage, IMAS International Eigenstudie

Archiv-Nummer der Umfrage: 024071

Vollständiger Report mit zusätzlichen Charts

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